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Fluchtwege freimachen und Menschenleben sichern: LDK Antrag vom Parteirat angenommen

Heute hat der Parteirat der Grünen einstimmig den von mir initiierten Antrag „Fluchtwege freimachen und Menschenleben sichern“ angenommen. Vielen Dank liebe Grüne, für die Unterstützung – gemeinsam machen wir uns Stark für humane Fluchtwege. Das Sterben auf dem Mittelmeer muss beendet werden. Hier der Antragstext:

Fluchtwege freimachen und Menschenleben sichern

Menschen auf der Flucht können auf legalen Wegen kaum noch den europäischenKontinent und Sicherheit erreichen: Die Europäische Union begrenzt bewusstmassiv den Zugang für Schutzsuchende über “legale Fluchtrouten” aufResettlement-Programme oder Humanitarian Admission Programmes. Gleichzeitigschottet die EU ihre Außengrenzen systematisch und kaum durchlässig ab. Dazuschreckt sie auch nicht vor der Zusammenarbeit mit Drittstaaten zurück, dieDiktaturen sind oder in denen inhumane Zustände herrschen. Die Folgen sind dramatisch:

Die Schutzsuchenden stecken in Kriegs- und Krisengebieten fest,verelenden in (Internierungs-) Lagern, geraten in extremeAbhängigkeitsverhältnisse, ertrinken im Mittelmeer oder verdursten in der Wüste.Dabei ist das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit universell und endetnicht an den Grenzen Europas. Auch unsere Pflicht für diese Menschenrechteeinzustehen endet nicht an der europäischen Außengrenze. Es steht uns nicht zuin (lebensbedrohlichen) Notsituationen die Fluchtgründe der Schutzsuchenden zubewerten. Und erst Recht dürfen wir nicht über den Schutzanspruch der Menschenan den europäischen Außengrenzen entscheiden. In menschenunwürdigen Lagern wieMoria auf Lesbos zeigt sich deutlich, dass an den Außengrenzen weder faire undrechtsstaatliche Asylverfahren möglich, noch eine adäquate Unterbringung undVersorgung von Schutzsuchenden gewährleistet werden können. Das Hotspots-Systemfunktioniert nicht und darf daher nicht fortgeführt werden – auch nicht in Formvon „Ausschiffungs- oderAnlandungsplattformen“.

Zu unserer Pflicht gehört auch, dass wir die Staaten an den EU-Außengrenzennicht mit der Verantwortung allein lassen. Die Regierungen der Länder mitAußengrenzen zum Mittelmeer, wie Italien und Malta, die meist Ziel derÜberfahrten sind, reagieren mit der Schließung ihrer Häfen für aus Seenotgerettete Geflüchtete. Gleichzeitig versuchen sie die zivile Seenotrettung zuverhindern, indem sie Schiffen die Ausfahrt verwehren. Notwendig ist daher eineumgehende Verteilung aller Menschen, die Asyl beantragen wollen, auf dieMitgliedsstaaten der Europäischen Union. Auf die Aufnahme und Verteilung müssensich möglichst viele Mitgliedstaaten solidarisch verständigen. Um die Blockadeder Reform des GEAS zu überwinden, müssen aufnahmebereite Staaten auffreiwilliger Basis vorangehen.

Sichere Fluchtwege schaffen und unbedingter Vorrang der Seenotrettung!

Das Mittelmeer ist bereits zu einem Massengrab für tausende Menschen geworden. Allein 2018 ertranken auf dem Mittelmeer laut UNHCR mehr als 2.275 Geflüchtetebei der Überfahrt nach Europa. Damit ist das Mittelmeer die tödlichste Grenzeder Welt. Europa darf nicht länger zulassen, dass Menschen im MittelmeerFluchtwege freimachen und Menschenleben sichern ertrinken und zivile Seenotrettungsschiffe tagelang im Mittelmeer auf dieEinfahrt in einen Hafen warten. Doch auch für Menschen, die bei der Überfahrtgerettet werden, nimmt die Gefahr für Leib und Leben kein Ende. Seit dem Sommer2018 spitzt sich die „Ausschiffungskrise“ im zentralen Mittelmeerraum weiter zu,besonders durch andauernden Widerstand Italiens und Maltas und anderer Staatengegen die Rettung und Ausschiffung von Geretteten – sowohl durch NGOs, wie auchdurch Handelsschiffe. Zur Verhinderung der Seenotrettung werden zudem Schiffefestgesetzt oder gar unter dubiosen Vorwänden beschlagnahmt.

Die Schaffung von Möglichkeiten, bereits im Ausland ein humanitäres Visumzu erhalten und somit legal nach Detuschland einreisen zu können.Jeden Menschen aus Seenot zu retten und gemäß internationalem Recht inSicherheit zu bringen. Ein sicherer Hafen, wie ihn das Völkerrechtvorsieht, kann für im Mittelmeer Gerettete nur in der Europäischen Unionliegen.

Eine menschenrechtsorientierte staatliche Seenotrettung. Bis dieseeinsatzbereit ist, muss die zivile Seenotrettung die uneingeschränkteMöglichkeit zur unabhängigen Lagebeobachtung bekommen und ininternationalen Gewässern ungehindert Menschenleben retten können. Wirlehnen den alleinigen Einsatz von der Grenzschutzagentur FRONTEX mitseiner fragwüdrigen und zum Teil menschrechtswiedrige Einsätze ab (siehe zuletzt die Berichterstattung dazu und die interne Berichte von FROTEXselbst)

Die Garantie für zivile Seenotretter*innen uneingeschränkt Leben retten zudürfen. Sie und ihre Arbeit dürfen nicht länger behindert undkriminalisiert werden. Die humanitäre Hilfe auf dem Mittelmeer mussinnerhalb der Europäischen Union mit einer eigenen, unionsweitverbindlichen Rechtsgrundlage im Sinne der Erklärung der VereintenNationen zu den Menschenrechtsverteidiger*innen und Artikel 8, Abschnitta) des Globalen Pakts für sichere, geordnete und reguläre Migrationgeschützt werden.

Einen festen europäischen Mechanismus zur Aufnahme von Menschen, die ausSeenot gerettet wurden, um wochenlange Hängepartien zu verhindern.Aufnahmebereite Mitgliedstaaten müssen aus Seenot gerettete und in EU-Mittelmeeranrainerstaaten gestrandete Schutzsuchende solidarischaufnehmen. Der Europäische Flüchtlingsrat ECRE hat dazu einen praktikablenVorschlag ausgearbeitet, der im Rahmen des geltenden Europarechts sofortumgesetzt werden kann und muss.

Keine Deals mit undemokratischen Regierungen auf Kosten der Menschenrechte 80Mit Abkommen, wie z.B. dem EU-Türkei-Deal, wird die Verantwortung Europas ausgelagert und die Abschottung Europas vorangetrieben. Menschen, die Europadennoch erreichen, werden in die Türkei zurückgeführt oder mit Gewalt über dieLandesgrenzen beispielsweise nach Serbien zurückgedrängt. Und selbst auf dengriechischen Inseln ist die Lage in den Unterkünften katastrophal und der Zugangzu fairen Asylverfahren versperrt. Die libysche Küstenwache wird von der EU und ihren Mitgliedstaaten immer nochunterstützt und mit aufgebaut. Seit Beginn der Einsätze in 2017 wurden etwa 29.000 Menschen von Libyens Küstenwache zurück nach Libyen gebracht. Dort kommensie in eines von insgesamt 30 Internierungslagern, welche die Regierungbetreibt. Aus diesen Lagern kommen immer wieder schreckliche Bilder undBeschreibungen größten Leids: Menschen müssen dort mit Gewalt, Vergewaltigungund Versklavung rechnen. Es gibt keinen Zugang zu sanitären Anlagen und keinemedizinische Versorgung. So schreibt die Unterstützungsmission der VereintenNationen in Libyen (UNSMIL) in einem Bericht, dass Libyen für Geflüchtete einOrt „unvorstellbaren Horrors“ sei. Viele der Lager befinden sich zudem inGebieten, in denen es ständig Kämpfe zwischen libyschen Milizen gibt – vieleFlüchtlinge sind so zusätzlich im libyschen Kreuzfeuer eingesperrt. Daher dürfendie katastrophalen humanitären Zustände in Libyen und anderen Staaten nichtlänger ignoriert werden.Wir forden:

Kooperationen der EU und deren Mitgliedstaaten mit Drittstaaten müssenstets nach der Maßgabe der Grund- und Menschenrechte erfolgen.

Die Unterstützung der libyschen Küstenwache durch die EU muss sofortbeendet werden. Sie ist beschämend für die Europäische Union und daseuropäische Projekt. Die völkerrechtswidrigen Rückführungen vonSchutzsuchenden in das Bürgerkriegsland müssen sofort aufhören. Werverhindern will, dass sich Schlepper an der Not von Geflüchtetenbereichern, die angesichts von Verfolgung, Krieg und Gewalt ihr Leben beider Flucht über das Mittelmeer aufs Spiel setzen, muss sichere und legaleFluchtalternativen schaffen.1

Massenlager in der EU und europäische Außenlager in Drittstaaten sowie Abschottungs-Abkommen, mit denen Menschen in Drittstaaten zurückgeschicktwerden, die die Menschenrechte und internationales Recht mit Füßen treten,müssen sofort ein Ende haben.

Schutzbedürftige Flüchtlinge aus Libyen sofort nach Europa zu evakuierenund humanitäre Korridore nach Europa zu öffnen. Die Evakuierungen müssensich an den tatsächlichen Bedarfszahlen orientieren – eine Verbringung inTransitstaaten wie derzeit den Niger lehnen wir ab. Es ist an der Zeit unddringend geboten, dass Deutschland seine Bemühungen verstärkt, Menschen,deren Leben unmittelbar bedroht ist, direkt aus der Gefahrenzone zuretten. Damit wird verhindert, dass noch mehr Flüchtlinge aus Libyenversuchen aus Verzweiflung in einem überfüllten, kaum schwimmtauglichenSchlauchboot über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen. Dabei darf Deutschland die Menschen nicht im Niger stranden lassen – einem Land, dasselbst mit 300.000 aufgenommenen geflüchteten Menschen und schwelendenKonflikten an seine Kapazitätsgrenzen kommt.

Wir begrüßen ausdrücklich die Initiative Seebrücke und solidarisieren uns mitallen Kommunen, die sich zu sicheren Häfen erklären. Wir unterstützen Kommunen,die sich freiwillig bereit erklärt haben, zusätzlich zur Verteilungsquote ausSeenot gerettete Schutzsuchende aufzunehmen, und ermutigen weitere Kommunen sichdieser Initiative anzuschließen. Das Resettlement-Programm des Bundes muss erweitert und die Anzahl derAufnahmeplätze an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. DasResettlement muss dabei ein Schutzinstrument bleiben und darf kein Ersatzfür reguläre Asylverfahren, sondern soll eine Ergänzung zum Schutzbesonders vulnerabler Schutzsuchender sein.

Das Recht auf Asyl bzw. auf internationalen Schutz von Flüchtlingen, dieüber andere Wege als Resettlement in einen Mitgliedstaat der EU gelangen,darf durch den Neuansiedlungsrahmen nicht angetastet werden.

Zusätzliche kommunale Aufnahmeplätze im UNHCR-Resettlementprogramm zuschaffen. Dies kann durch die Aufstockung der Länderkontingents (§ 23 IAufenthG) erfolgen und/oder durch die Einführung einer neuenGesetzesgrundlage (§ 23 X AufenthG) speziell zur Aufnahme durch Kommunenund entsprechend der Regelung zur Landesaufnahme nach § 23 I AufenthG.1481491504.Kommunen müssen die Möglichkeit bekommen sich dem Bundes-Resettlementprogramm nach § 23 IV AufenthG über zusätzliche Aufnahmeplätzeanzuschließen.1511525.Die Staatsregierung auf, sich zum sicheren Hafen zu erklären und dem Bundzusätzlich zur Quote Plätze für aus Seenot Gerettete anzubieten.Die Staatsregierung auf, ein eigenes Landesprogramm aufzulegen. Darüberhinaus soll sie sie sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass Aufnahmenneben der Bundesprogramme (beispielsweise über nationalstaatlichehumanitäre Aufnahmeprogramme sowie über Aufnahmeprogramme derBundesländer, die eine unkomplizierte und kurzfristige Aufnahme vongrößeren Kontingenten aus dem Ausland erlauben) auch ohne Zustimmung desBundesinnenministeriums aufgelegt werden können.

Kommunen müssen bei der Flüchtlingsaufnahme finanziell und personellunterstützt werden. Städte und Kommunen, die sich innerhalb des neuenRelocationprogramms freiwillig melden, um Schutzsuchende aufzunehmen,sollen die Kosten für die Integration aus einem gemeinsamen EU-Fonds(bspw. AMIF) erstattet bekommen. Denn die Kommunen sind ohnehin die Orte,an denen Inklusion, Teilhabe und Partizipation in erster Linie stattfindenund sie haben den besten Überblick darüber, was möglich ist.