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Antidiskriminierung in Bayern: Warum sich der Einsatz gelohnt hat 

Gülseren Demirel und Katharina Schulze, GRÜNE, Bay. Landtag, Veranstaltung Antidiskriminierung

Die Fälle von Diskriminierung steigen an, und der gesetzliche Schutz im öffentlichen Bereich ist unzureichend. Unser Gesetzentwurf, und warum es wichtig war, dafür zu kämpfen. 

Das vergangene halbe Jahr im Bayerischen Landtag war für mich geprägt von einer zentralen Aufgabe: der Arbeit an einem bayerischen Antidiskriminierungsgesetz. Bereits im März habe ich den Gesetzentwurf eingebracht, der seitdem den gesamten parlamentarischen Prozess durchlaufen hat – mit zwei Lesungen, Beratungen in den Ausschüssen und intensiven Gesprächen mit Fachleuten und Betroffenen. 

Die Relevanz des Themas ist leider unbestritten. In meiner Rede zur zweiten Lesung habe ich es so zusammengefasst: 

„579 antisemitische Straftaten allein im Jahr 2024, fast jeden Tag eine. 171 fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten, ein neuer Höchststand. 277 Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte, darunter schwere Körperverletzungen, Brandstiftungen, ein versuchter Totschlag. Ein Drittel der Menschen mit Migrationsgeschichte und 30 % der Menschen mit Behinderung berichten, dass sie von Behörden schlechter behandelt werden als andere.“ 

Diskriminierung ist keine Ausnahmeerscheinung, sondern Alltag – auch 2025, auch in Bayern. Unser Auftrag als Politik ist klar: Menschen besser zu schützen, gerade dann, wenn Diskriminierung vom Staat selbst ausgeht. 

Prävention, Beratung, niedrigere Hürden 

Unser Gesetzentwurf zielte darauf ab, Hürden beim Melden von Diskriminierung abzubauen und die Prävention zu stärken. Ein entscheidender Baustein war die Beratungsstruktur: Derzeit gibt es flächendeckende Unterstützung nur in größeren Städten – und auch dort ist die Finanzierung nicht langfristig gesichert. Aus meiner Sicht ist dies eine Aufgabe des Landes, nicht der Kommunen. Deshalb haben wir das Antidiskriminierungsgesetz stets gemeinsam mit den Beratungsstellen gedacht und dies auch in unseren Haushaltsanträgen verankert. 

Austausch, der bewegt 

Am 31. März lud ich gemeinsam mit meiner Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze zum Austausch in den Landtag ein. Über 70 engagierte Menschen aus Beratungsstellen, Vereinen und Verbänden folgten der Einladung. Die Diskussionen waren offen, sehr konstruktiv, voller Fachwissen und sehr von großem gegenseitigem Respekt bekundet!  Es war einfach großartig zu erleben, wie viele Menschen sich mit Herz und Verstand in diesen Prozess eingebracht haben! Eure Rückmeldungen haben den Entwurf spürbar verbessert – für die zweite Lesung konnten wir eine überarbeitete Fassung einbringen, die noch umfassender auf die unterschiedlichen Formen von Diskriminierung eingegangen ist. 

Widerstand von den Regierungsparteien – und warum ich trotzdem zufrieden bin 

Trotz dieser breiten Unterstützung lehnte die Staatsregierung den Gesetzentwurf ab – mit, gelinde gesagt, sehr dünnen Gegenargumenten. Die CSU und Freien Wähler bestritten die Notwendigkeit schlichtweg, obwohl sowohl die Antidiskriminierungsstelle des Bundes als auch Expert*innen wie Ferda Ataman dringenden Handlungsbedarf sehen: 

„Wer die EU-Vorgaben zum Schutz vor Diskriminierung konsequent umsetzen will, braucht beides: Antidiskriminierungsgesetze in allen Ländern und eine Reform des AGG.“ (Ferda Ataman

Natürlich ist es enttäuschend, wenn ein gut durchdachtes und breit abgestimmtes Gesetz nicht angenommen wird. Aber für mich bleibt dieser Prozess ein Erfolg. Er hat gezeigt, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen, voneinander zu lernen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. 

Mit Schwung in den Herbst 

Ich nehme aus diesen Monaten vor allem eines mit: Vertrauen in eine engagierte, kompetente und solidarische Community. Eure Energie, Eure Lust am Gestalten und Euer Mut sind für mich Ansporn, auch die kommenden politischen Vorhaben – wie die Fachkräftegewinnung – mit derselben Offenheit und Zusammenarbeit anzugehen. 

Denn: Ein Gesetz kann abgelehnt werden. Aber die Erfahrung, wie viel wir gemeinsam bewegen können, bleibt – und ist vielleicht das wertvollste Ergebnis.